Mein Rad ließ ich nach ein paar hundert Metern mühseligen Schiebens im Flussbett hinter einem Felsen stehen, da es jetzt nur noch zu Fuß weiterging. Es ging immer steiler den Flusslauf hinauf und ich musste mir den Weg über die mehr oder weniger großen Felsen suchen.
Bergwanderung bei Vang Vieng, ein herrenloser LKW-Anhänger mitten im steilen Flussbett |
Umso mehr war ich verwundert, als plötzlich nach einer steilen Passage mitten im Flusslauf ein großer LKW-Anhänger auftauchte, der dort mutterseelenallein zwischen den Felsen herumstand. Er schien mir in dieser Umgebung völlig deplatziert und ich hatte absolut keine Ahnung, wie er dort hingekommen sein könnte. Zumal ich, auch nachdem ich dann weitergewandert war, keine Möglichkeit sah, wie er von der anderen Seite hierher gebracht worden sein könnte. Ringsum war nur unwegsames Gelände. Für mich gab es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder wurde er hier von einem Hubschrauber abgesetzt oder er wurde von einem außerirdischen Raumschiff hierher gebeamt.
Unwillkürlich musste ich an einen durchgeknallten Typen denken, den ich vor vier Jahren in Vang Vieng getroffen hatte und der mir von bewaffneten Rebellen erzählt hatte, die hier in den Bergen lebten. Er warnte damals alle Leute, in die Berge zu gehen.
Es soll hier in abgelegenen Bergregionen wirklich noch (habe vor kurzem gerade eine Reportage im TV darüber gesehen) Rebellen-Gruppen geben, die damals mit den Amerikanern gegen den Vietkong kämpften und seit Ende des Vietnamkrieges im Jahr 1975 immer noch versuchen, die kommunistische Regierung in Laos zu bekämpfen.
Tatsächlich ist vor ein paar Jahren (2003) ganz in der Nähe zwischen Vang Vieng und Luang Prabang ein Bus von Rebellen überfallen und beschossen worden, wobei es 12 Tote gegeben hatte, darunter auch zwei Schweizer Touristen. Mein damaliger Reisepartner Rainer hatte an diesem Tag Glück gehabt: Er hatte einen Bus auf der selben Strecke ein paar Stunden früher genommen.
Ich kletterte über die Felsen weiter das Flussbett hinauf und sah nach einer Biegung die Verursacher der vermeintlichen Schüsse: Es waren zwei Männer, die jeweils 2-3 schwere lange Holzbohlen auf ihren Schultern das Flussbett herunter schleppten. An einer Zwischenlagerstelle warfen sie die Bohlen von ihren Schultern auf den Boden, was dann die Knallgeräusche hervorrief. Es sah halsbrecherisch aus, wie die beiden Männer in zügigem Tempo mit ihrer schweren Last über die Felsen und das lose Geröll balancierten. Einer von ihnen hatte dabei nur Flip-Flops an.
LKW-Hänger in den Bergen bei Vang Vieng |
Wie ich später erfuhr, wurden oben in den Bergen Bohlen aus großen Holzstämmen gesägt (legal oder illegal?) und diese dann zum Verkauf ins Tal gebracht, um sie als Baumaterial zu verwenden. Weiter unten sah ich auf dem Rückweg, wie die Bohlen mit provisorischen einachsigen Wagen weiterbefördert wurden und dort, wo der Weg begann, auf einen laotischen Geländetrekker geladen wurden.
Steinbrecher im steilen Flussbett bei Vang Vieng |
Ein Stück weiter oben waren ein paar Männer mit schweren Brechstangen dabei, große Felsstücke aus dem Flussbett herauszubrechen um sie dann zu Schotterstücken zu zerkleinern, die an den Seiten aufgeschichtet wurden. Auch dieses Gestein war sicherlich für Bauarbeiten im Tal oder woanders vorgesehen.
Leider sprach hier niemand auch nur ein paar Brocken Englisch, so dass ich mir über viele Dinge eben meine eigenen Gedanken machen musste. Das größte Mysterium aber blieb für mich dieser große leere LKW-Anhänger im Flussbett, von dem ich wirklich zu gern gewusst hätte, wie er dorthin gekommen war.
Vang Vieng - Flusstal in den Karstfelsen |
Als ich dann aus der schattigen Passage einer kleinen Schlucht heraus kam, öffnete sich ein wunderschönes schmales Flusstal mit einem traumhaften Blick auf die umliegenden hohen Karstberge, die von der Sonne in einem warmen Licht angestrahlt wurden. Hier wuchsen große Bäume, verschiedene Palmenarten, dekorative hohe Gräser, Papayas und sattgrüne Bananenstauden. Vögel zwitscherten überall und bunte Schmetterlinge tanzten in der Luft.
Ich traf auf eine Mutter mit ihren beiden Töchtern, die nicht weit vom Flussbett essbare Wurzeln ernteten. Keine Ahnung, ob sie die Pflanzen dort angebaut hatten oder ob sie hier am Fuß des Berges wild wuchsen. Ich ging ein paar Kilometer den jetzt wieder vorhandenen Trampelpfad hinauf und sah weder ein Dorf noch irgendwelche Hütten. Die Landschaft wurde atemberaubend schön.
Gegen 17.00 Uhr trat ich sicherheitshalber den Rückweg an, da es hier in Laos ab ca. 18.00 – 18.30 immer sehr schnell dunkel wird. Ich hätte hier in dieser wunderschönen Umgebung noch stundenlang zubringen können. Da heute ein sehr heißer Tag war, genoss ich auf dem Rückweg den Schatten der Karstberge. Mein Fahrrad stand noch unversehrt hinter dem Felsen und so konnte ich rechtzeitig vor der Dunkelheit den Fluss und die Holzbrücke nach Vang Vieng erreichen.
Stelzenbrücke im Abendlicht, Vang Vieng |
Terrassenrestaurant am Fluss in Vang Vieng |
Wurzelernte |